Neue Kunden braucht das Land. In diesem Fall: Kundinnen. Im Baumarkt gibt es in der Regel zwei Dinge nicht: Ansprechpartner und einzelne Schrauben. Die bunten Infotheken: verwaist. Die zurückzulegenden Strecken: lang. Frau irrt zwischen riesigen Regalen umher und sucht Nägel. Stinknormale Nägel zum in-die-Wand-kloppen. Und als sie dann endlich jemand findet, den sie fragen kann, fragt der zurück: „Drahtstift oder Stahlnagel? Polster- oder Sockelleistenstift? Flachkopf oder Senkkopf? Wie, das wissen Sie nicht? Kein Wunder. Sie sind halt ’ne Frau.“
Das macht Frau einmal mit, zweimal, dann geht sie nicht mehr zum Baumarkt. Trying to change the system from within, denken sich die Baumärkte und bieten spezielle Workshops für Frauen an. Die heißen bei OBI „Hammerfrauen“ und bei Bauhaus „Women’s Nights“. Ich melde mich an, Donnerstag Abend geht’s ins Bauhaus nach Untertürkheim. Schwierig zu finden auf der Homepage, ob da überhaupt jemand ist außer mir? 20.30 bis 23 Uhr? Als ich eintreffe, sind schon etwa fünfzig Frauen da, trinken Rotkäppchen-Sekt und knabbern Chips. Mädelsabend im Baumarkt. Ein Mann in weißem Polohemd und Jeans nimmt das Mikrofon, begrüßt, zählt die Workshops auf und wünscht uns viel Spaß. Alle marschieren eifrig los und scheinen genau zu wissen, wo sie hinwollen. Ich bleibe zurück, zwischen Stehtischen, Schinkenbrötchen und Diskjockey. Im Ernst, Diskjockey mit Glitzerkugel. Ein Team vom SWR filmt für die Landesschau. Ich trolle mich zu den Workshops und verbringe die nächsten zwei Stunden mit Fliesenlegen und Löcher in Beton bohren, Wände verputzen, Eichenparkett verlegen und Popodusche. Das ist eine Schiene, die man ins Klo einbauen kann, um den Popo zu duschen. Die Stimmung ist gut. Es fallen Bemerkungen wie „Ich will meinem Mann beweisen, dass ich das auch kann“, oder „Wir haben ein altes Haus gekauft und müssen alles renovieren.“ Ziemlich viele Frauen hier scheinen im Besitz eines alten Hauses zu sein. Beim Bohren wollen sie alles ganz genau wissen und erklären dann dem Mann, das Frauen eben immer alles ganz genau wissen wollen, während Männer sich nicht trauen, Fragen zu stellen, damit man sie nicht für zu blöd zum Heimwerken hält. Die Männer (und die eine Frau), die die Workshops leiten, machen keine blöden, sexistischen Sprüche. Sie sind erstaunlich einfühlsam. Wahrscheinlich hat man das ihnen so beigebracht. Frauenvergraulen im Baumarkt war gestern. Aber eigentlich geht es hier gar nicht um den Baumarkt. Eigentlich geht es hier um die Unterschiede zwischen Mann und Frau, bei Rotkäppchen-Sekt und Ferrero-Küsschen. Bestimmt wird das hier von irgendeiner Gleichstellungsstelle finanziert. Zum Abschied gibt’s eine Geschenktüte mit Metermaß, Schlüsselbändern und Dosenöffner.