Gelesen. Robert Galbraith: Der Seidenspinner

Als Welt-Bestsellerautorin hat man es wirklich nicht leicht. Als J.K. Rowling in dem vermutlich ehrlichen Ansinnen, sich vom Erfolgsdruck von „Harry Potter“ zu lösen, unter dem Pseudonym Robert Galbraith den Krimi „Der Ruf des Kuckucks“ veröffentlichte, verriet ein Anwalt der Londoner Kanzlei, die Rowling vertritt, das Geheimnis. Das Pseudonym war futsch, dafür stiegen die Verkaufszahlen sprunghaft an, natürlich auch in Deutschland.

Ich war von J.K. Rowlings erstem Nach-Harry-Potter-Roman „Ein plötzlicher Todesfall“ sehr enttäuscht (siehe Rezension hier im Blog) und habe mir deshalb den ersten Krimi gespart. Dafür habe ich jetzt den zweiten Robert Galbraith gelesen, „Der Seidenspinner“ (The Silkworm), und ich muss ehrlich sagen: Ich habe den Roman so ziemlich in einem Rutsch durchgelesen, auch (oder vielleicht gerade deshalb?) weil er seltsam altmodisch ist.

Der private Ermittler Cormoran Strike, der im Mittelpunkt der Galbraith-Romane steht, ist eine Art moderner Philipp Marlowe mit Büro in Charing Cross mitten in London. Er hat eine äußerst attraktive und ambitionierte Assistentin namens Robin, die beruflich mehr werden will als nur Assistentin, und was das Private angeht, eigentlich auch, bloß ist sie mit einem Ekelpaket namens Matthew verlobt (den wird Rowling sicher in einem der nächsten Bände aus dem Weg räumen, weil Strike findet Robin auch ziemlich nett). Strike selbst ist ein traumatisierter Afghanistan-Veteran, dem ein Stück Bein fehlt, und der mit sozialen Beziehungen nicht so viel am Hut hat. Der typische Einzelgänger-Ermittler eben.

Der Fall selbst führt mitten hinein in den Londoner Literaturbetrieb. Leonora Quine bittet Strike, ihren verschwundenen Ehemann zu finden, einen Autor, der gerade den Roman „Bombyx Mori“ fertiggestellt hat. Was zunächst aussieht wie eine clevere Marketingstrategie fürs neue Buch, erweist sich als Mordfall. Quine wird tot aufgefunden, und die Ausführung des Mordes entspricht haarklein der Beschreibung eines Mordes in seinem Roman.

Nun fängt eine schon fast Agatha-Christie-mäßige Suche nach dem Mörder an. War es die Ehefrau selbst? Die Literatur-Agentin Elizabeth Tassel? Die Geliebte? Der Verleger? Quines größter Konkurrent und Feind, der Erfolgsautor Michael Fancourt? Sie alle hätten ein Motiv, schließlich hat Quine sie aufs Gemeinste in seinem Roman karikiert.

So gut sich Rowling natürlich mit dem Literaturbetrieb, seinen Intrigen, Eifersüchteleien und der Geltungssucht von Autoren auskennt, so seltsam altmodisch wirkt dieses London, in dem Cormoran Strike ermittelt. Das mag daran liegen, dass jemand wie Rowling sich aufgrund ihrer Berühmtheit vermutlich gar nicht frei bewegen kann und vom heutigen „normalen“ London wahrscheinlich einfach nicht besonders viel Ahnung hat. Das macht aber eigentlich nichts. Man folgt Strike gern auf seinen Streifzügen durch das bitterkalte London, und auch wenn das Geplänkel zwischen Strike und Robin ziemlich vorhersehbar ist, kann man es doch kaum erwarten, zu sehen, wie sich die Beziehung der beiden weiterentwickelt. Die Auflösung der Geschichte ist nicht ganz überraschend, was an dem relativ kleinen Kreis der Verdächtigen liegt, bietet dann aber doch noch die eine oder andere falsche Fährte und unerwartete Wendung. Fazit: Ein sehr gut geschriebener Krimi. Herausragend – nein, das ist dieses Buch nicht. Aber das ist vermutlich genau der Druck, den J.K. Rowling vermeiden wollte.

J.K. Rowling: Der Seidenspinner. Deutsch nur Hardcover (Blanvalet), englisch schon als Taschenbuch, z.B. bei Wittwer am Schlossplatz (The Silkworm, sphere)

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