Biertrinker, trinkt kein Stuttgarter Hofbräu mehr! Gentrifizierung schwappt nach Stuttgart-Heslach

Gentrifizierung ist ein Begriff, bei dem mir bisher Berlin-Kreuzberg eingefallen ist, oder die Gegend um die Bastille und das Marais in Paris, oder das „Barrio chino“ in Barcelona. Sie alle hat das gleiche Schicksal ereilt: Wo einstmals Handwerker und kleine Leute wohnten, wird luxussaniert, Wohnungen werden verkauft statt vermietet, und dann gehen die Preise so hoch, dass die alteingesessenen Bewohner sich das Viertel nicht mehr leisten können und abwandern müssen.

Natürlich ist auch Stuttgart schon längst von Gentrifizierung betroffen.

Als mehr oder weniger durchgentrifiziert kann man das Bohnenviertel, Heusteigviertel und die Gegend um den ach so hippen Marienplatz bezeichnen (na schön, das Flüchtlingsheim in der Böblingerstraße mal ausgenommen, das ist alles Andere als hipp). Dass die Entwicklung nicht am Schoettle-Platz Halt macht, war abzusehen. Doch nun geraten die Dinge im bisher beschaulichen und leicht verlotterten Heslach (und das ist liebevoll gemeint) in Bewegung. In der Möhringerstraße beispielsweise gibt es unglaublich schräge Pinten. Viele Häuser hier sind heruntergekommen. Das könnte sich bald ändern, und damit auch die Wohnsituation für die vielen Migranten, die hier wohnen, Portugiesen beispielsweise oder Afrikaner (übrigens soll es soll in Heslach sogar noch den einen oder anderen ECHTEN Heslacher geben!). Der Firma Hofbräu gehört nämlich der Löwenanteil der Gebäude zwischen Schoettle-Platz und Bihlplatz (auf der rechten Seite), und sie will nun das ehemalige Schlecker-Areal (Böblingerstr. 104) an einen Investor verkaufen, der 55 Wohnungen, Läden und einen Supermarkt plant. Ganz klar ist: Das werden Wohnungen für Leute mit Geld, und das wird Auswirkungen haben auf Heslach.

Hofbräu2

Am Montag, 27. Juli berichtete die Stuttgarter Zeitung darüber. In der gleichen Ausgabe beklagte OB Fritz Kuhn in einem riesigen, tränenreichen Interview, dass sich die Wohnungsnot in Stuttgart, jetzt schon ein Riesenproblem, noch gewaltig verschärfen wird. Da bin ich ganz seiner Meinung. Fragt sich nur, warum die Stadt tatenlos zusieht? Warum greift sie nicht steuernd ein, indem sie in Heslach (und nicht nur hier, sondern überall, wo Vergleichbares dräut) das Gelände aufkauft, damit sie die Hand drauf hat und selber bestimmen kann, was für Wohnungen für welche Klientel hier gebaut werden? Haben wir nicht schon genug Wohnen für Reiche in Stuttgart, siehe ehemaliges Messegelände Killesberg?

Nur ein paar Meter vom Schlecker-Areal entfernt soll Heslach neu aufgestellt werden, mit einer neuen Stadtteilbibliothek und einem neuen Jugendhaus, nicht weit vom Generationenhaus. Hier hätte man also die einzigartige Chance, ein Stadtviertel nach städtischen Vorstellungen zu gestalten, am besten noch mit Bürgerbeteiligung. Ein Musterviertel. Stattdessen ist zu befürchten, dass der Gemeinderat den geänderten Bebauungsplan, den Hofbräu für den Verkauf benötigt, einfach durchwinken wird. „Ja, mach nur keinen Plan!“ schrieb der Architekt Arno Lederer letzten Samstag in der Stuttgarter Zeitung und beklagte, dass man in Stuttgart offensichtlich keine Visionen darüber hat, wie die Stadt aussehen soll, sondern die städtebauliche Ordnung dem Zufall, den Investoren und Stuttgart 21 überlässt.

Widerstand gegen die Hofbräu-Pläne regt sich nur bei den üblichen Verdächtigen, SÖS/Linke, Piraten und Stadtisten. Bleibt nur zu hoffen, dass sie damit nicht alleine bleiben, sondern Unterstützung bekommen, im Stadtviertel und darüber hinaus. Allzu viel Zeit wird dafür nicht bleiben, denn laut Stuttgarter Zeitung sind die Verhandlungen zwischen Hofbräu und potenziellem Investor schon weit fortgeschritten. Der Bezirksvorsteher findet übrigens, die Spanne zwischen Kaltental/Heslach einerseits und Halbhöhenlage andererseits sei zu groß. Ja, was soll das denn heißen? Sehnt er etwa die Gentrifizierung herbei?

Die schnellste Maßnahme heißt: Kein Hofbräu trinken, und kein Radeberger, das ist nämlich derselbe Laden. Gut, dass ich sowieso kein Bier mag.

P.S. Garantiert hofbräufreies Bier gibt es bei Martin Dambach in Gärtringen http://www.feine-biere.de

P.P.S.

Musiktipp: Khadja Nin (Burundi) – Mama

2 Kommentare

  1. sehr interessanter u. guter Beitrag. gute Schlussbemerkung.

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