Auf dem „blauen Sofa“ von ZDF, Bertelsmann und Deutschlandradio Kultur nehmen wichtige Autoren Platz. Gedankenverloren und bedeutungsschwanger gucken sie ins Nichts, während sie von den Moderatorinnen, die so aussehen, als ob sie die Bücher tatsächlich gelesen haben, über die sie reden, hinter ihren intellektuellen Brillengläsern total intensiv fixiert werden. Kein Zweifel: Wir sind auf der Frankfurter Buchmesse, dem größten Buchevent der Welt.
Sympathisch aus dem Rahmen fällt Judith Holofernes (früher „Wir sind Helden“, jetzt solo unterwegs). Sie trägt irgendetwas sehr Buntes und nicht unbedingt Körperbetontes und nur ein bisschen Lippenstift. Sie hat Tiergedichte geschrieben und illustrieren lassen. Die Texte, die sie vorliest, sind ziemlich lustig. Normalerweise verkaufen sich Gedichte nicht besonders gut. „Der Hund bellt vor dem falschen Baum“ wird eine Ausnahme machen, denn Promis sind immer ein Garant für gutverkaufte Bücher.
Genauso sympathisch kommt Jojo Moyes ‚rüber, diesmal auf einem Stuhl statt auf einem Sofa, diesmal bei der ARD. Die Engländerin, die mit ihrer Familie in Essex wohnt, landet seit ein paar Jahren einen romantischen Bestseller nach dem anderen. Danach gefragt, was sie sich denn so gegönnt hat, nachdem sie nun nicht unbedingt schlecht an ihren Büchern verdient, grinst sie und antwortet, dass sie sich einen Massagesessel gekauft hat, der so fabelhaft massiert und entspannt, dass sie nun darum kämpfen muss, selber darin zu sitzen, weil sich ihre große Familie, alle Gäste und sogar der Postbote darin räkeln. Darauf die Moderatorin frech, ob sie sich dann auf den Postboten setzen müsse, um zum Zuge zu kommen. Sehr spontan antwortet Jojo, „O no, we don’t do that in England!“ Wie wahr. Dafür sind die Engländer viel zu gut erzogen! Das erinnert mich doch schwer an mein „Häusle in Cornwall.“
Enttäuschend ist die Sonderfläche zum Gastland Indonesien. Bücher und Gewürze, das ist alles, was zu sehen ist. Schön gemacht, trotzdem hätte man sich ein bisschen mehr gewünscht – warum reduziert sich das Land der vielen Inseln selber auf seine fantastische Küche? Entsprechend umlagert ist das Restaurant, das indonesische Gerichte anbietet, nirgendwo sonst steht man so lange für Essen an.
Beim Verlagsimperium Penguin/Random House wird an unzähligen Tischen, es mögen an die hundert sein, verhandelt, gestikuliert, besprochen. Hier wird offensichtlich Business gemacht. Rein kommt nur, wer an den vier Rezeptionistinnen vorbeikommt, und das geht nur mit Termin und Visitenkarte. Dagegen muten die deutschen Verlage geradezu unscheinbar an.
Nach einem Tag auf der Messe ist man erledigt. Man fühlt sich seltsam unbehaust, sauerstofflos sowieso, und sehnt sich nach einem vertrauten Menschen und etwas anderem zu trinken als Kaffee. Samstag und Sonntag ist Publikumstag. Dann stehen endlich die Bücher im Vordergrund und nicht der Business, die Verhandlungstische sind weg, und die Verlagsleute sind erschöpft abgereist.
P.S. Vielen Dank allen, die sich bei Lesungen neu zum Blog angemeldet haben, und herzlich willkommen! Nächste Woche Lesung in Leonberg und Hessigheim, mit Musik von Susanne Schempp!