Kleine Fluchten aus dem Alltag: Büchercheck

Es ist das Ende einer Woche, die uns eine schreckliche (Trump) und eine traurige Überraschung (Leonard Cohen) beschert hat.

Wobei man beim Ableben eines 82jährigen, der sich sehr intensiv mit dem Tod auseinandergesetzt und sein gerade erschienenes Album „You want it darker“ als sein Vermächtnis bezeichnet hat, vielleicht nicht unbedingt von Überraschung sprechen kann. Ich habe Leonard Cohen vor drei Jahren live in Mannheim in einem grandiosen Konzert erlebt. Das Charisma des Lyrikers und Sängers strahlte selbst in der sterilen SAP-Arena bis in den letzten Winkel aus, und das Durchhaltevermögen und die Fitness eines damals 79jährigen während des dreieinhalbstündigen (!) Auftritt waren extrem beeindruckend! Den nehme ich mir zum Vorbild!
„You want it darker“, so könnte man auch die Wahlentscheidung des amerikanischen Volkes umschreiben. In düsteren Zeiten bieten Bücher kleine Fluchten aus Wirklichkeit und Alltag, vor allem an grauen Novembertagen, die sich schon sehr winterlich anfühlen. Deswegen kommt jetzt ein kleiner Schweinsgalopp durch ein paar Bücher, die ich in letzter Zeit gelesen habe. Vorher noch der Hinweis, dass die Karten für die Buchpremiere von „Kleine Verbrechen erhalten die Freundschaft“ am 29. Januar, 11 Uhr im Theater der Altstadt, jetzt bei Reservix erhältlich sind unter folgendem Link:

https://shop.reservix.de/off/login_check.php?vID=6261&id=c01db5b9fcae2c02483eb528bf8aa0496e3bd0b52493a2c32adcb7b38953f0f2c9ca93ebb6197f512bf812b7a70e7d74&eventGrpID=213927&eventID=914653

Und noch ein Hinweis in eigener Sache, wer ein kleines Geschenk zu Advent oder Nikolausi sucht, dem sei das Büchlein „Plätzchen, Punsch und Psychokiller“ empfohlen, eine Sammlung von 24 Weihnachtsgeschichten von Sylt bis Wien. Eine Geschichte darin ist von mir, sie heißt „Tod im Paternoster“, und natürlich wissen Sie alle sofort, dass der Paternoster im Stuttgarter Rathaus gemeint ist. In dieser Geschichte gibt es einen Kommissar namens Schwabbacher, der dann im Roman „Kleine Verbrechen…“ wieder auftaucht.

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Und nun zum Büchercheck. Ich habe in letzter Zeit ein paar Bestseller gelesen, die sich Millionen mal verkauft haben: Vielleicht kann frau sich ja was abgucken. „Girl on the train“ hat sich weltweit elf Millionen mal verkauft und man kann davon ausgehen, dass die Autorin Paula Hawkins jetzt keine Geldsorgen mehr hat, und man kann außerdem davon ausgehen, dass sie sich was bei „Gone Girl“ abgeguckt hat, auch wenn sie es abstreitet. Der Verlag kann’s schlecht abstreiten, ähnelt doch das Cover sehr dem von „Gone Girl.“ Beide Romane gehören zu einem neuen Genre namens „Domestic noir“, und es wird sicher noch viele Nachahmer geben. „Domestic noir“ will heißen, dass die Geschichten in einer häuslichen Umgebung spielen, wo nichts so ist, wie es zu sein scheint. Vor allem die Frauen, die ihre Geschichte erzählen, sind unzuverlässig und unberechenbar, und man kann sich auf den Wahrheitsgehalt dessen, was sie erzählen, nicht verlassen. In „Girl on the train“ gibt es gleich drei unzuverlässige Erzählerinnen, Megan, Rachel und Anna. Um es gleich zu sagen: Der Roman läuft zwar langsam an, zieht einen dann jedoch in seinen Bann, und er ist gut geschrieben. Trotzdem hat er mir nicht gefallen. Mir waren die Figuren einfach zu kaputt: Eine Ansammlung aus Alkoholikern, Gestörten und Gewalttätigen. Jeder manipuliert hier jeden. Es lässt mich ein wenig ratlos zurück, dass sich so eine düstere Vision von Beziehungen so fantastisch verkauft…
Die Verfilmung von „Girl on the train“ läuft gerade im Kino. Die Handlung wurde nach New York verlegt. Da sieht man, was Autor/innen alles ertragen müssen, wenn man ihre Romane verfilmt.

Bestseller Nr zwei ist „Ein ganzes halbes Jahr“ von Jojo Moyes. Die habe ich letztes Jahr auf der Buchmesse erlebt, und sie war mir extrem sympathisch. Eine sehr englische Engländerin, die ihren eigenen Erfolg mit viel englischem Understatement und Humor betrachtet. Ich war trotzdem skeptisch, weil ich dachte, die Frau schreibt schreckliche Schnulzen. Und dann komplett überrascht: In „Ein ganzes halbes Jahr“ erzählt Jojo die Geschichte einer jungen Frau, die sich in einen nahezu vollständig gelähmten Mann verliebt, der seiner Familie versprochen hat, dass er sich sechs Monate Zeit gibt, um seine Entscheidung zu überdenken, seinem Leben in der Schweiz mit Sterbehilfe ein Ende zu setzen. Das ist harter Tobak für eine Liebesgeschichte. Und so bleibt dies eine Geschichte ohne Happy End. Sehr mutig, sehr konsequent und sehr, sehr traurig ist das. Hier geht es um Selbstbestimmung und freien Willen, und darum, dass die Liebe eben nicht immer alle Hindernisse überwindet. Während mich „Girl on the train“ genervt zurückgelassen hat, hat mich das Ende von „Ein ganzes halbes Jahr“ extrem bewegt. Und weil dieser Blog jetzt schon so lang geworden ist, stelle ich Ihnen die anderen Bücher bei einer anderen Gelegenheit vor!

P.S. Noch viel mehr Bücher: In Stuttgart laufen die Buchwochen!
P.P.S. Wer noch die Chance hat: Unbedingt „Tschick“ im Kino angucken!

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