Ist das Kunst oder kann das weg? Die Documenta in Kassel

Weil Kassel touristisch nicht allzu viel zu bieten hat, hat die Stadt 1955 die Documenta erfunden. Ein äußerst kluger Schachzug, denn die Documenta hat sich über die Jahrzehnte zur weltweit wichtigsten Kunstschau für zeitgenössische Kunst gemausert, die mittlerweile alle fünf Jahre stattfindet.

Die diesjährige Documenta 14 wurde am 10. Juni eröffnet und endet am 17. September, dauert also genau hundert Tage. Neu ist in diesem Jahr, dass es eine zweite Ausstellung in Athen gibt, die am 8. April eröffnet wurde. So heißt denn auch das Motto des polnischen Kurators mit dem unaussprechlichen Namen Adam Szymczyk, „Von Athen lernen.“

Über moderne Kunst zu schreiben, ist ähnlich schwierig wie über moderne Tanzstücke. Wie soll man Abstraktes in Worte fassen? Dabei ist längst nicht alles abstrakt in Kassel. Am meisten Aufmerksamkeit erregt sicher der sich am Motto der Documenta orientierenden „Parthenon der Bücher“ der argentinischen Konzeptkünstlerin Marta Minujín auf dem Friedrichsplatz.

In den Plastikhüllen befinden sich Bücher aus der ganzen Welt, die irgendwo auf der Welt zensiert worden sind. Darunter findet sich sehr Offensichtliches wie Salman Rushdies „Satanische Verse“, aber auch sehr Erstaunliches wie „Harry Potter.“

Leider gibt es keine Hinweise darauf, warum welches Buch wo zensiert wurde. Und damit wären wir beim großen Knackpunkt der Documenta: Es gibt eigentlich für nichts Erklärungen. Man könnte nun argumentieren, warum braucht man für zeitgenössische Kunst Erklärungen? Ist doch eh alles assoziativ und völlig durchgeknallt. Aber das ist es eben nicht. Viele der in Kassel gezeigten Werke haben eine politische Dimension, es geht um Minderheiten wie die Aborigines, es geht um Krieg, Waffenproduktion, Flucht und Vertreibung. Doch wer keine Führung gebucht hat (und das geht nur im Vorfeld, offene Führungen, wo man spontan auftauchen kann, gibt es nicht), tut sich schwer, irgendwelche Infos zu bekommen. Wenn man Glück hat, ist irgendwo an der Wand ein DIN A4-Blatt hingeklatscht, und da beugen sich dann fünfzehn Leute gleichzeitig drüber und versuchen, den Namen des Künstlers und des Kunstwerks zu entziffern (sehr kommunikativ, wahrscheinlich Absicht). Die Homepage der Documenta mag sehr künstlerisch gestaltet sein, ihr Gebrauchswert geht gegen Null. Es gibt eine Übersichtskarte, auf der die Documenta-Orte markiert sind, aber das war’s dann auch. Vor Ort muss man sich dann durchschlagen, beispielsweise in der Karlsaue, einem ziemlich großen Park. In dem befinden sich theoretisch fünf Kunstwerke. Bloß wo? Hinweisschilder sind offensichtlich übertriebener Luxus. Man sucht also Kunstwerke wie Ostereier. Und stellt sich dann ständig die Frage, ist das jetzt Documenta oder eben nicht? Beim Mittagessen sah ich einen Obdachlosen, dessen Wägelchen man perfekt hätte auf der Documenta ausstellen können, und keinem wär’s aufgefallen.

Trotzdem, auch wenn die Documenta ihre Besucher/innen auf die eine oder andere Geduldsprobe stellt, der Besuch lohnt sich. Es gibt eben doch sehr viel Spannendes zu entdecken. Die diesjährige Documenta ist extrem dezentral, die Ausstellungsflächen sind über die ganze Stadt verteilt. Man kann also von Ort zu Ort laufen (gutes Schuhwerk empfiehlt sich…) und schauen, was die Documenta-Wundertüte als Nächstes zu bieten hat. Spannend ist auch, dass überall spekuliert wird darüber, was uns der Künstler jetzt sagen will, und da es eben oft um politische Themen geht, wird auch sehr ernsthaft diskutiert. Das kriegt die Documenta 14 auf jeden Fall hin: Menschen aus aller Welt, viele von ihnen jung, unterhalten sich über die zentralen Fragen unserer Zeit. Oder eben einfach nur darüber: Ist das Kunst oder kann das weg?


Auch das ist Kunst: Der Schriftzug Museum Fridericianum wurde durch „Being safe is scary“ ersetzt

Noch ein praktischer Tipp: Wer das Ticket für die Documenta online bucht, bekommt einen Link von der Bahn und kann ein günstiges Zugticket buchen.

P.S. Am Freitag, 20 Uhr, „Ladies Night“ mit Cocktailbar in der Bibliothek in Weissach (Porsche-Weissach) mit Elisabeth Kabatek und Susanne Schempp!
P.P.S. Vom 11.-16. Juli steigt Stuttgarts schönstes Festival auf dem Marktplatz, das Sommerfestival der Kulturen. Wie immer lebt das Festival von der Mithilfe von Ehrenamtlichen. Es werden noch händeringend Helfer/innen für die Getränkestände gesucht! Susanne Schempp und ich sind am Dienstagabend am Zapfhahn anzutreffen! Mail: getraenkestaende@forum-der-kulturen.de

HELP! Noch offene Schichten bei den Getränkeständen!

Liebe Freunde*innen des Sommerfestivals der Kulturen. Das Festival nähert sich mit großen Schritten und leider sind an den Getränkeständen immer noch viele Schichten unbesetzt. Einige haben sich schon für die Mithilfe an den Getränkeständen gemeldet – vielen herzlichen Dank dafür!
Falls es euch irgendwie möglich ist, eine (zusätzliche) Schicht zu übernehmen, wäre das einfach nur großartig!
PS: Es wäre toll, wenn ihr euren Kollegen, Bekannten und Freunden auch vom dem Gesuch erzählt 😉
Bei Interesse einfach auf diese E-Mail antworten.
Ich danke euch vielmals.
Weini

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