Mit großem Pomp und Trara ist im Remstal die Gartenschau eröffnet worden. Eine tolle Idee, eine Gartenschau nicht nur in einem Ort, sondern einem ganzen Tal stattfinden zu lassen. Leider redet niemand mehr von der Gartenschau: alle reden vom Einhorn.
Schwäbisch Gmünd hat ein Einhorn im Wappen. Einhörner sind en vogue, vor allem bei Kindern. Deshalb kam die als Einhorn verkleidete linke Stadträtin Cynthia Schneider auch bei den Kindern super an. Wobei verkleidet das falsche Wort ist, sie war nämlich ziemlich eindeutig nackich und nur mit Bodypaint bekleidet. Darüber brach nun ein, wie ich finde, berechtigter Shitstorm los. Das nackige Einhorn war nämlich umzingelt von männlichen Würdenträgern – Bürgermeistern, Landräten usw. – die alle brav Anzug trugen. Das mutet dann doch etwas seltsam an. Noch seltsamer aber finde ich den Kommentar der Stadträtin selber, die ja niemand zu der Aktion gezwungen hat: „Welche Frau möchte nicht mal gerne ein Einhorn sein? Ich mag den Glitzer, das Bunte.“ Tja, Frau Schneider, ich muss ehrlich sagen, da sprechen Sie vielleicht für die eine oder andere Frau, aber nicht für mich. Ich wollte in meinem Leben schon so manches sein – Astrid Lindgren, J.K. Rowling, Barack Obama – aber noch nie ein Einhorn. Wer sich selber ein Bild machen will:
Sehr züchtig, vollständig bekleidet und vollkommen einhornlos sind dagegen die grandiosen Schauspielerinnen, die noch bei drei Vorstellungen (beeilen!) im Stuttgarter Schauspielhaus zu sehen sind. Gezeigt wird dort „Bernarda Albas Haus,“ das beklemmende 8-Frauen-Stück von Federico García Lorca. Bernarda hat nach dem Tod ihres Mannes ihren fünf Töchtern eine achtjährige Trauerzeit auferlegt, in der sie das Haus in einem südspanischen Dorf nicht verlassen dürfen. Eifersucht, sexuelle Begierde, Machtkämpfe und über allem das Diktat der grausamen Mutter – man kann sich denken, dass dies in einer Katastrophe mündet. Die Bühne ist so klaustrophob wie das Stück. Es lohnt sich, ein paar Euro mehr für Plätze weiter vorne auszugeben, um auch wirklich in das intensive Spiel der Schauspielerinnen hineingezogen zu werden (ich saß nämlich leider zu weit hinten). Dabei verliert frau auch die Angst vorm Altern: Nicole Heesters, die die Bernarda spielt, ist 82, und Elke Twiesselmann, die ihre demente Mutter spielt, wird demnächst 92! Twiesselmann hat letztes Jahr im Interview gesagt, „Die beste Zeit ist zwischen achtzig und neunzig.“ Stuttgart scheint jung zu halten – demnächst ist nämlich auch Georgette Tsinguirides (sowie Marcia Haydée und Egon Madsen) wieder auf der Bühne des Balletts zu sehen, in dem Stück „Mayerling“, und die ist 91!
Ziemlich gleichberechtigt geht es dagegen in der grandiosen Mini-Serie „Merz gegen Merz“ zu, die im ZDF lief und jetzt noch in der Mediathek zu sehen ist. Annette Frier, Christoph Maria Herbst und viele weitere, richtig gute Schauspieler, spielen dort ein Ehepaar bei der Paartherapie. Schon die Gespräche mit der Psychologin, die sich nach allen Regeln der Kunst in Therapie versucht, von den beiden aber gnadenlos ausgehebelt wird, sind zum Wegschmeißen. Noch besser sind die Spielszenen aus dem Familienleben und der Firma, denn Anne und Erik arbeiten in der Firma ihres Vaters. Der leidet an beginnender Demenz, und auch das ist einerseits saukomisch, verleiht der Geschichte andererseits auch Tragik und Tiefe. Die Dialoge und Spielszenen sind pointiert, auf die Spitze getrieben und machen sehr viel Spaß, die Figuren bis in die kleinste Nebenfigur sind super gezeichnet, beispielsweise der pubertierende Sohn und die emanzipierte türkische Geschäftsführerin. Sehr lustig ist auch die Folge mit dem schwäbischen Geschäftspartner, der mal wieder mit Erik in den Puff möchte. Außerdem gelingt das Kunststück, dass man bis zum Schluss bangt, ob die beiden wieder zusammenkommen oder nicht. Anschauen! https://www.zdf.de/comedy/merz-gegen-merz.
Anhören kann man am kommenden Sonntag denn Frauenjazzchor VocaLadies in der Waldkirche in Stuttgart. Alle Einzelheiten hier!
Und falls Sie wissen wollen, was ich gerade sonst so mache: Ich schreibe einen neuen Cornwall-Roman. Keine Fortsetzung von „Ein Häusle in Cornwall“, sondern was gaaanz Neues. Mit einer Heldin, die fünfzig Jahre alt ist. Kein Alter, s.o.! Erscheint am 1. April 2020 und ist kein Aprilscherz, und die Buchpremiere steht auch schon fest, die ist nämlich am 29. März in Stuttgart im Theater der Altstadt!
Und an Himmelfahrt geht’s los mit dem Blog aus Brünn, oder besser: Brno in Tschechien!
Danke für den TV-Tipp! Tja, und auf’s neue Buch freue ich mich schon jetzt riesig: Sonniger Gruß aus MH a.d.Ruhr!
Liebe Frau kabatek, ganz so ist es nicht, daß alle nur auf das Einhorn schauen. Am 15. Mai haben wir in Schwäbisch Gmünd gerade im Rahmen der Gartenschau unsere Ausstellung „Der Herbst 1918 in Südmähren“ mit einem Vortrag des Brünner Historikers Dr. Drlik eröffnet, sie ist noch bis 9.6. zu besichtigen. Eine zweite Ausstellung über Lilly Reich (klickts?) werden wir im Herbst ebenfalls im Rahmen der Gartenschau präsentieren.
https://www.freunde-bruenns.com/wir-in-2019/unsere-ausstellung-1918-in-südmähren-in-schwäbisch-gmünd/
Mit freundlichen Grüßen
Hanna Zakhari
Deutscher Kulturverein Region Brünn
Hallo liebe Frau Kabatek, habe heute 25.7.2019 Ihren Artikel in der Stuttgarter Zeitung über den neuen Premierminister Boris Johnson gelesen” Her Majesty’s Prime Entertainer”. Hat mir sehr gut gefallen! Schön dass Sie sich nicht nur beruflich sondern auch privat für die Briten begeistern können! Bei der Gelegenheit ist mir eingefallen dass Sie bei Ihrer Lesung angekündigt haben, dass es ein neues Buch zum Thema Cornwall geben wird.
Wo kann man denn die Karten für die Lesung bestellen? Bei Reserviert bzw Theater der Altstadt habe ich nichts finden können. Oder gibt es die Karten in der Buchhandlung?
Es gibt noch keine Karten, aber die Lesung aus dem neuen Cornwall-Roman wird auf jeden Fall stattfinden, am 29. März, 11 Uhr im Theater der Altstadt (dass es noch keine Karten gibt, liegt an mir, weil der Titel für den neuen Roman noch nicht feststeht!!). Und natürlich sind auch Susanne Schempp und Böny Birk wieder dabei.