Zu einer Grube muss man hinaufsteigen und das Stuttgarter Schauspiel zeigt Dürrenmatts „Die Physiker“ (Zitat oben)
Der Blog ist nach der Pfingstpause zurück und gestern Abend habe ich mir die „Probegrube“ vor dem Schauspielhaus in Stuttgart angeschaut.
Die Installation des Esslinger Künstlers Tobias Rehberger, in Auftrag gegeben von Schauspielchef Burkhard Kosminski, soll ziemlich viel bedeuten und symbolisieren, nämlich das noch zu bauende Rosensteinquartier auf den Gleisflächen, die durch Stuttgart 21 freiwerden (irgendwann in den nächsten hundert Jahren, wenn’s gut läuft). Nachgebaut wurde es im Maßstab 1:62. Weil eine Grube technisch nicht möglich war, muss man zur Grube hinauf-, und wer will und den Einstieg findet, auch wieder hinabsteigen. Mir hat sich der Sinn nicht so ganz erschlossen, aber vielleicht war’s einfach zu heiß (praktischerweise steht die Grube direkt vorm Schauspielhaus, so dass sie von den Theatergästen besucht werden kann).
Ist ja oft so, da wird ein Kunstwerk mit Bedeutung überhöht, und Otto Normalverbraucher steht ein wenig ratlos davor und fragt sich, warum das auch noch einen Haufen Geld wert ist (oder kostet, wie im Falle der Probebühne). Banksy in der Staatsgalerie habe ich immer noch nicht gesehen, aber nächste Woche schaue ich mir „Kunst“ von Yasmina Reza im „Theater der Altstadt“ an. Darin geht es um den Dermatologen Serge, der sich für einen Haufen Geld ein Kunstwerk gekauft hat, das nicht für alle als solches zu erkennen ist, und daran zerbricht schließlich eine Freundschaft. Ich kann’s kaum erwarten, denn es hat eine Superkritik in der Stuttgarter Zeitung bekommen, worüber ich mich riesig gefreut habe, denn das Stück wurde von Stephan Bruckmeier inszeniert, der auch bei meinem Theaterstück „Allein unter Schwaben“ Regie geführt hat. Das kommt, aufgepasst, bald wieder, nur zehnmal, Wiederaufnahme ist am 17. Juli, und ich gehe natürlich hin, und Sie hoffentlich auch, oder in eine der nachfolgenden Vorstellungen! Hier der Kartenlink:
https://www.theater-der-altstadt.de/Was-wird-gespielt/Monats-Spielplaene/Juli-2019
Dass Zeitungskritiken durchaus subjektiv sind, zeigte dann die Vorstellung von Dürrenmatts „Die Physiker“ gestern Abend im Kleinen Haus in Stuttgart. Die Stuttgarter Zeitung hat’s verrissen, da angeblich zu klamaukig und zu wenig gegenwartsbezogen, mir hat’s prima gefallen, obwohl ich größte Sorge hatte, weil das Stuttgarter Schauspiel schon einmal einen Dürrenmatt verhunzt hat, nämlich „Das Versprechen“, und das, obwohl Peter Kurth die Hauptrolle spielte. Aber Erzählungen auf die Bühne zu bringen, wie’s grad Mode ist, funktioniert eben nicht unbedingt. „Die Physiker“ funktionieren dagegen hervorragend, denn schließlich hat das Stück mit seinem ständigen Spiel um richtige und falsche Identitäten ein äußerst komisches Potenzial. Zur Erinnerung, es geht um den genialen Physiker Möbius, der sich in einem Irrenhaus versteckt, weil er nicht will, dass seine bahnbrechenden Forschungsergebnisse in die falsche Hände geraten. Das Komische wird durch die schräge Bühne und die zu kleinen Türen unterstrichen, Brillen und Perücken tragen ihren Teil bei, aber schließlich geht es nicht nur um die Frage, was Wissenschaft kann und darf und wer sie wie und in welcher Weise missbraucht, was angesichts von Gentechnik, Embryonaler Stammzellforschung und Künstlicher Intelligenz aktueller ist denn je, sondern auch darum, was verrückt ist und was bzw. wer normal. Und wer entscheidet darüber in Zeiten, wo ein Verrückter zu den mächtigsten Politikern der Welt gehört, ein Mann, der Entscheidungen über Militärschläge so zu treffen scheint, wie andere den Belag auf ihrer Pizza auswählen?
Zum Abschluss noch ein Hilferuf des schönsten Stuttgarter Festivals, des Sommerfestivals der Kulturen, das vom 16. – 21. Juli wieder einmal die besten Weltmusikbands der Welt auf den Stuttgarter Marktplatz holt. Es werden dringend noch Ehrenamtliche gesucht, die an den Getränkeständen helfen, denn das Festival kostet keinen Eintritt! Ich habe mich für zwei Schichten gemeldet, vielleicht lässt sich noch jemand von den hiesigen Blog-LeserInnen zur Mithilfe bewegen, dann einfach Sabrina Hohbach vom Forum der Kulturen unter getraenkestaende@forum-der-kulturen.de kontaktieren! Hier der Link zum Programm: https://sommerfestival-der-kulturen.de
Keine Werbung benötigt unsere Lesung „Schätzle allein zu Haus“ am Freitag, die „Ladies Night“ in der Stadtbücherei in Weissach ist fast ausverkauft, Achtung, Ladies Night mit Cocktails! Restkarten unter 07044 901710!
UND GANZ ZUM SCHLUSS frage ich mich, warum bei all der Diskussion um Klimawandel und Hitzewellen und Trockenheit niemand darüber redet, warum wir unser Trinkwasser ins Klo spülen?
ich nehme Regenwasser für die Klospülung, solange vorhanden 🙂
Letztes Jahr war diese Ressource jedoch sehr knapp ):