Ja, ich will mich impfen lassen!

Ich war gestern beim Corona-Impfen – als Begleitperson, was mir die Gelegenheit gab, das Impfzentrum im Hegelsaal in der Stuttgarter Liederhalle unter die Lupe zu nehmen.

Zunächst einmal wünsche ich allen Leserinnen und Lesern des Blogs ein gutes, gesundes, glückliches neues Jahr! Lange hat der Blog geschwiegen, aber es gab auch nicht wirklich etwas zu berichten in dieser stillen Zeit. Ich hoffe sehr, dass persönliche Begegnungen und Lesungen in ein paar Monaten wieder möglich sind. Danke an alle, die „Chaos in Cornwall“ an Weihnachten verschenkt haben – möge es ein paar Stunden Lesespaß und Ablenkung bereitet haben!

Noch vor ein paar Wochen war ich sehr skeptisch, was die Corona-Impfungen betrifft. Wirksamkeit, Nebenwirkungen, und und und… In der Zwischenzeit habe ich versucht, mich gut zu über das Thema zu informieren und habe gestern eine Verwandte zum ersten Impftermin begleitet. Ich kann allen, die sich nicht oder nur vielleicht impfen lassen wollen, nur empfehlen, sich gründlich zu informieren, weil dann bleiben eigentlich keine Argumente mehr übrig, die gegen das Impfen sprechen.

In Großbritannien, wo die Infektions- und Todeszahlen ein Rekordhoch erreicht haben, wird jetzt schon davon gesprochen, dass nächsten, vielleicht sogar übernächsten Winter mit Einschränkungen gerechnet werden muss, weil das Virus nicht so einfach zu besiegen ist. Wenn wir in Deutschland nicht alle nächstes Jahr im Herbst wieder genau da stehen wollen, wo wir jetzt sind, dann müssen sich so viele Menschen wie möglich impfen lassen. Ich möchte wieder auf der Bühne stehen. Ich möchte ins Theater gehen dürfen, ins Ballett, ins Fitnessstudio, in die Sauna, ins Freibad, und Reisen über die Landesgrenzen hinaus. Ich möchte, dass nicht noch mehr Läden, Hotels und Kinos geschlossen werden und immer mehr Menschen ihre wirtschaftliche Grundlage verlieren. Vor allem aber möchte ich mich wieder mit anderen treffen können, ohne sie als potenzielles Gesundheitsrisiko und Virenschleuder einzustufen. Ich möchte nicht mehr auf der Straße um andere herumzirkeln müssen, um ihnen ja nicht zu nahe zu kommen. Ich will Umarmungen statt Ellenbogen-Check, und wieder mit anderen singen dürfen.

Ich kenne viele Leute, die abwarten wollen, oder schon sicher sind, dass sie sich nicht impfen lassen wollen. Aber ohne Impfung gefährde ich mich und andere, und ohne Impfung gibt es keinen Weg aus der Pandemie. Deswegen sehe ich uns alle in der Pflicht, wenn keine medizinischen Gründe dagegen sprechen. Impfen ist eine Gemeinschaftsaufgabe, die der Gemeinschaft dient. Natürlich gibt es viele Fragezeichen. Was, wenn das Virus so mutiert, dass die Impfung nicht mehr greift, zum Beispiel? Aber die Chancen, durch die Impfung wieder zu einem halbwegs normalen Leben zurückzukehren, überwiegen doch bei weitem!

Eines der Hauptargumente gegen die Impfung: Der Impfstoff sei viel zu schnell durchgehauen worden. Falsch. Richtig ist: Der Impfstoff wird schon seit zehn Jahren entwickelt, ursprünglich für die Krebstherapie. Wer mehr dazu wissen will:

https://www.deutschlandfunkkultur.de/covid-19-impfung-insgesamt-ist-dieser-impfstoff-sicher.1008.de.html?dram:article_id=489941

Letztlich muss jede/r selbst entscheiden, ob er oder sie sich impfen lässt. Ich habe eine Verwandte begleitet, aber ich hätte mich gestern sofort mitimpfen lassen, wenn ich denn gedurft hätte, aber es wird Monate dauern, bis ich meinen eigenen Termin buchen kann. Viel Kritik müssen die Impfzentren im Moment einstecken. Ich kann dazu nur sagen: Die Buchung des Termins war chaotisch. Die Impfung selber: Perfekt organisiert, reibungsloser Ablauf, ungemein freundliches, kompetentes Personal. Wer für einen Bekannten oder Verwandten buchen will, dem kann ich nur raten, online und nicht per Telefon und Hotline zu buchen. Auch online war es kompliziert und hat gedauert, hat aber letztlich geklappt. Über die Adresse http://www.impfterminservice.de wählt man das Bundesland und dann das Impzentrum aus, in unserem Fall das Impfzentrum des Klinikums Stuttgart in der Liederhalle. Dann muss man angeben, ob der Anspruch auf Impfung bereits geprüft wurde. Wenn man weiß, dass die Person, die man anmelden will, impfberechtigt ist, klickt man auf ja und kann dann nach der Registrierung einer Mailadresse zwei Termine auswählen. Man bucht also beide Termine auf einmal, im Abstand von drei Wochen, zumindest im Moment. Das hat nicht auf Anhieb geklappt und ich habe auch nur für einen Termin eine Mailbestätigung bekommen. Wichtig ist vor allem, dass man zwei Codes hat, für jeden Termin einen. Die Codes dienen der Registrierung und Identifizierung. Es ist ziemlich peinlich, dass man offensichtlich nicht in der Lage war, eine zuverlässige Software zu generieren. Darüber kann man meckern, über das Impfzentrum und den Ablauf dagegen nicht.

Der Hegelsaal in der Stuttgarter Liederhalle, normalerweise ein Ort für Musik oder Messen, ist in Rekordzeit zum Impfzentrum umfunktioniert worden. Hut ab, man merkt an keiner Stelle, dass das Impfzentrum gerade mal seit 10 Tagen operiert. Es holpert nicht, man wird reibungslos von Station zu Station weitergeschickt: An der Anmeldung wird der Code geprüft, und ob der Termin vorliegt. Dann wird das Krankenkassenkärtchen mit den Daten gescannt. Man bekommt einen Laufzettel, mit dem man sich von Station zu Station weiterarbeitet. Als Nächstes geht es zur Registrierung, dort gibt man die unterschriebene Einverständniserklärung ab, und dort wird die zu impfende Person noch einmal mündlich gefragt, ob sie sich denn auch wirklich impfen lassen will, und muss laut und deutlich „Ja sagen – sollte also jemand gegen seinen Willen dahingeschleppt worden sein, kann er oder sie spätestens jetzt wieder aussteigen… Dann gibt es ein Arztgespräch/die medizinische Aufklärung, je nach Wunsch ausführlich oder kurz an einem Stehtisch. Wir haben die ausführliche Variante gewählt und wurden in eine separate Kabine geführt, wo ein sehr freundlicher Arzt die Vorerkrankungen und möglichen Impfrisiken mit der Patientin besprach. Eigentlich gibt es nur einen Hinderungsgrund, nämlich, wenn jemand schon einmal einen allergischen Schock nach einer Impfung hatte. Auf die Impfung selbst mussten wir dann etwas warten – die einzige Wartezeit im ganzen Ablauf – dann erfolgte die Impfung in einer Impfkabine. Die Ärztin – jung, nett, fröhlich – stellte sich namentlich als Frau Dr. K. vor, fragte nach dem Namen der Patientin, nach dem gewünschten Arm und schäkerte während der Impfung gut gelaunt herum. Die Patientin jedenfalls war begeistert und würde sich sehr freuen, auch bei der zweiten Impfung an die gleiche Ärztin zu geraten. Die Impfnadel war hauchdünn, die Impfung in Sekunden erledigt, wie die Patientin erstaunt feststellte – und die Ärztin kommentierte lachend, dass in Fernsehberichten „offensichtlich besonders große, scheußliche Nadeln gezeigt werden, um die Leute abzuschrecken.“

Danach ging es in den Ruheraum, wo ein paar ziemlich unbeschäftige junge Rotkreuzlerinnen und Rotkreuzler Aufsicht hatten und gerade Pizza mampften. Dort konnte man sich hinsetzen und ausruhen und es gab sogar etwas zu trinken. Empfohlen wird eine Wartezeit von 30 Minuten, es war aber fast niemand da. Offensichtlich gehen die meisten Geimpften sofort nach Hause.

Die Auslastung des Impfzentrums, so meinten die jungen Leute, läge momentan nur bei etwa 20 Prozent. Nur drei der Impfkabinen sind in Benutzung. Unklar war, ob das am Terminchaos oder an mangelndem Impfstoff lag. Man mag das kritisieren, andererseits hat es sicher auch sein Gutes, dass die Impfzentren Zeit haben, Wege und Abläufe zu prüfen und zu optimieren. „Außerdem sind ja jetzt die Risikogruppen dran“, erklärte einer der Rotkreuzler noch. „Da ist es gut, wenn die viel Abstand voneinander halten können.“

Fazit: Nach nicht einmal einer Stunde war die Impfung über die Bühne, die 82jährige Geimpfte war glücklich, und es geht ihr jetzt, einen Tag später, prima. In drei Wochen ist der zweite Impftermin, und sie freut sich riesig darauf, dass sie danach wieder eine noch betagtere Freundin besuchen kann, die im Altenheim lebt!

And now to something completely different. Wer sich für den Brexit und seine Folgen interessiert, dem sei das Webinar „Understanding the Brexit Deal“ empfohlen. Donnerstag, 7. Januar, 20 Uhr, mit dem Brexit-Experten Prof. René Repasi. Anmeldung hier:
https://us02web.zoom.us/webinar/register/2816098453974/WN_fredhkRVRtG-JbKmI9tXrg

Ausschreibungstext:
Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Interessierte,
seit dem 1.1. gilt der Handelsvertrag zwischen der EU und Großbritannien. Der mehr als 1.200-Seiten-starke Vertrag wurde am Weihnachtstag fertig verhandelt und durch die 27 EU-Mitgliedsländer vorläufig in Kraft gesetzt, damit es nicht zu noch schwereren Verwerfungen kommt, als der Brexit ohnehin schon ist.
Doch was steht überhaupt drin? Was bedeutet der Vertrag genau für die zukünftigen Beziehungen zu Großbritannien und ganz besonders für die Menschen und Unternehmen auf beiden Seiten der neuen EU-Außengrenze? Was bedeutet er für die Europäische Demokratie und Rechtsordnung?
Einer, der das genau weiß, ist Prof. Dr. René Repasi, Professor an der Erasmus Universität Rotterdam und Direktor des Erasmus Centre for Economic and Financial Governance und ausgewiesener Brexit-Experte. Er ist ständiges sachverständiges Mitglied der Enquête-Kommission “Brexit” des Landtags von Nordrhein-Westfalen.
In den nächsten Wochen wird das Europaparlament über den Handelsvertrag beraten und abstimmen. Erst dann kann er endgültig in Kraft treten. Wir Grüne haben noch nicht entschieden, ob wir diesem Deal zustimmen. Deswegen freuen wir uns umso mehr, dass Prof. Repasi den Deal für uns analysiert und mit Ihnen und Euch diskutiert.
Mit dabei sind auch Anna Cavazzini, Prof. Molly Scott Cato und Sven Giegold.
Molly Scott Cato war bis zum Austritt Großbritanniens Europaabgeordnete für die Green Party of England and Wales und ist weiterhin dort Sprecherin für Europäische Angelegenheiten. Sie ist Professorin für Wirtschaft an der University of Roehampton.
Anna Cavazzini ist seit 2019 Mitglied im Europaparlament und wurde erst kürzlich zur Vorsitzenden des Binnenmarktausschusses gewählt. Sie nimmt damit eine entscheidende Rolle bei den anstehenden Diskussionen im Parlament ein.
Sven Giegold wird als Sprecher der deutschen Grünen und Obmann im Ausschuss für Wirtschaft und Währung den Text steuerpolitisch analysieren.

3 Kommentare

  1. Danke, liebe Elisabeth. Ich bin sofort dabei beim Impfen, sobald ich zwei Termine bekommen kann. Aber das wird wohl noch dauern…
    Ich respektiere die bange Skepsis mancher Bürgerinnen und Bürger, möchte mich selbst aber sobald wie eben möglich wieder frei bewegen dürfen- und auf keinen Fall noch einmal so einen Frühling, Herbst und Winter mit so vielen Einschränkungen erleben müssen…
    Also: Augen auf, sobald zwei Impftermine in Sicht sind…💉

  2. Hallo Elisabeth, bei uns scheint es mit Impfterminen richtig rund zu laufen. In NRW (wohne nicht in NRW) werden die Anrufer immer ärgerlicher, da sie keinen Impftermin bekommen.
    Da ich erst in Stufe drei dran, werde ich denen, die es notwendiger haben, den Vortritt lassen. Ob ich mich überhaupt impfen lasse, weiß ich noch gar nicht.
    Liebe Grüße,
    Petra

  3. Was für eine Antwort auf eine Frage, die sich eigentlich nicht stellt. Stellen sollte. Aber offenbar doch gestellt wird. Natürlich will ich (vielleicht diesen neuartigen M-RNA Impfstoff? Mal was Anderes!)! Ich bin aber auch Grippegeimpft, gehöre also zu den Unbelehrbaren, die den Lügen und Versprechungen der geldgeilen Pharmamafia glauben (he, Moment – zum Teil! Ich hätte schon Kritikpunkte…). Fürchten tu ich mich nicht vor der Impfung, sondern vor etwaigem Gedränge (ich mag Menschenmassen auch sonst nicht, dazu brauche ich keine Pandemie) vor und in so einem Impfzentrum.
    Ich habe, wenn ich es vermeiden kann, weder vor, selbst zu erkranken, noch andere ohne Not anzustecken. Und von der Idee, die Augen zuzuhalten, im Kreis zu hüpfen und zu singen: Ich bin nicht da, der böse Virus findet mich nicht! Oder noch besser: nein, den Virus gibt es nicht! Wir sagen das jetzt alle dreimal auf! – von der Idee halte ich schon gar nichts.
    Aber klar muß sein: das dauert noch. Bis wir alle dran sind, bis genug geimpft sind, dass das Auswirkungen hat. Ich gehe auch davon aus, dass darüber zumindest der größte Teil des Jahrs ins Land geht und vorher noch die warme Jahreszeit positive Auswirkungen hat.

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