Schwäbischer Stuhlkreis in Stuttgart

Ich glaub, ich ziehe um: Letzten Sonntag, „Tatort“ Stuttgart.

Ich bin eigentlich kein Fan des Stuttgarter Tatorts. Ich finde die Geschichten meist langweilig und extrem konstruiert, Richy Müller ist auch nicht so mein Fall, und vor allem scheint die Stadt immer wie eine Fototapete an die Geschichte hingeklatscht – es gelingt nicht, Stuttgart wirklich als Ort darzustellen mit seinen Eigen- und Besonderheiten. Vieles wird nicht in Stuttgart gefilmt, was jedem Stuttgarter sofort auffällt. Also habe ich mir den Tatort letzten Sonntag gespart. Doch dann bekam ich am Montag eine Mail von einer Freundin, die meinte, „wenn du in diesen unleidigen Zeiten mal was zum Lachen brauchst – schau dir den Tatort von gestern an… Ich bin vor Lachen über diese Hausbewohner fast vom Sofa gefallen.“ Dass ein Tatort zum Lachen ist, ist man aus Münster gewohnt, nicht unbedingt aus Stuttgart. Neugierig geworden, habe ich mir den Tatort „Das ist unser Haus“ doch in der Mediathek angesehen. Eigentlich habe ich nach fünf Minuten ausschalten wollen. Das ist kein Tatort. Das ist auch keine Komödie. Das ist einfach nur peinlich. Es geht um eine Baugemeinschaft, die zusammen ein Haus umgebaut hat und alternative Lebensformen praktiziert. Dass die Entwicklung eines Konzepts und Regeln für das Zusammenleben etc. kein Zuckerschlecken und mit vielen zermürbenden Zusammenkünften verbunden ist, ist sicher kein Geheimnis. Doch aus einer guten Idee – dass nämlich die Kleinfamilie oder das Alleinleben nicht das Maß aller Dinge ist – wird hier nicht nur eine Parodie gemacht. Die Figuren machen sich selber lächerlich, durch vollkommen überzogene Beziehungskisten, durch absolut überspitzte Stuhlkreis-Diskussionen, die komplett ins Esoterische abdriften. Dazu wird fleißig geschwäbelt von Schauspielern, die nicht unbedingt des Schwäbischen mächtig sind. Nur einer kann Schwäbisch und wirkt authentisch, Berthold Biesinger vom Theater Lindenhof, er spielt den Handwerker, der die Leiche findet. Kandidaten werden zu „Kandis“ abgekürzt. Und die beiden Kommissare haben nichts besseres zu tun, als sich genau auf dieses Niveau zu begeben. Der Ermittlung wegen, aber das wirkt genauso unglaubhaft wie die ganze Wohntruppe. Es gibt in diesem ganzen Tatort eigentlich keine überzeugende Figur. Alles scheint nur Staffage, um eine alberne Geschichte zu erzählen. Nicht einmal die Leiche überzeugt (es gibt eine, die spielt aber irgendwie keine so großen Rolle). Die Auflösung des Falls ist genauso konstruiert wie der Fall selber. Dass Heinz Rudolf Kunze und die drei Jungs von der Comedy-Truppe „Eure Mütter“ in Nebenrollen auftreten, macht es auch nicht wirklich besser. Einziger Lichtblick: Christiane Rösinger als herrlich schlurrige WG-Älteste Ulrike. Sie hat auch die einzig wirklich interessanten Worte zu sagen. Leider sind es die allerletzten in diesem Tatort. Man muss nicht so lange durchhalten.

Warum mich das so ärgert? Weil ich seit Jahren dafür kämpfe, Stuttgart als weltoffenene, multikulturelle Stadt zu propagieren, in der mehr Menschen nicht schwäbeln als schwäbeln. Und dann kommt so ein Tatort daher und zeigt dem Rest der Republik mal wieder so richtig, wie wir wirklich sind. Provinziell, engstirnig, intolerant, und unfähig, Hochdeutsch zu sprechen.

Was die Ostfilderner wohl von diesem „Tatort“ halten, wo das Wohnprojekt „Oase“ angeblich steht? Gefilmt wurde dort jedenfalls nicht. Ich selber habe 10,5 Jahre in Ostfildern bei der VHS gearbeitet und aus dieser Zeit zwar einige schräge Charaktere in Erinnerung, aber soo schräg bestimmt nicht! Ulrike W. aus Ostfildern hat mir einen tollen Link zum Thema „Impfung gegen Corona“ geschickt. Corona mit einer Apfelsine für Doofe erklärt, so dass es auch Laien wie ich kapieren. Gut und anschaulich gemacht!

Der letzte Blog zum Thema Impfen hat offensichtlich einen Nerv getroffen – vielen Dank für die vielen Rückmeldungen zum Thema Impfen! Sie können übrigens Kommentare schreiben, indem Sie auf der Benachrichtigungsmail über dem Link antworten. Ich freue mich über Rückmeldungen! Bleibat älle schee gsond!

P.S. wie zu erwarten war, müssen Veranstaltungen in nächster Zeit wieder einmal ausfallen. SEUFZ! Sobald Ersatztermine feststehen, gibt es hier die Info!

8 Kommentare

  1. Ich schaue mir eigentlich nie Tatort an, dachte aber, dass ich den von Stuttgart als Urschwäbin unedingt sehen sollte. Ich konnte es nicht fassen, genau wie du sagst, öde, langweilig und nicht geeignet, unser schwäbischen „Klischee“ in der Republik aufzufrischen.
    Und – war mir ganz selten passiert – ich bin eingeschlafen und habe die „Todesursache“ versäumt.

  2. Liebe Elisabeth – supi!!!

    Ich bin mir echt vorgekommen ‚wie im falschen Film‘ … und sowohl Claus als auch ich fanden so wie Du, dass Christiane Rösinger die einzige starke Figur in dem ganzen Schlamassel ist ..

    Danke für die Aufklärung über die Schauspieler – das wäre mir ohne Dich entgangen J.

    Ab morgen Abend habe ich wieder Zeit und Puste zum Telefonieren – hoffentlich haben wir Glück und es passt die nächsten Tage auch für Dich mal!

    Liebe Grüße

    Eva

  3. Du sprichst mir aus der Seele. Eigentlich mag ich das Team aus Stuttgart gerne und der letzte aus Stuttgart war wirklich hervorragend. Dieser Tatort jedoch war katastrophal schlecht, der gekünstelte Dialekt unsäglich (bis auf den Bauarbeiter, genau!), der Plot insgesamt furchtbar langweilig und ja, unheimlich peinlich. Habe das auch sofort danach auf instagram (#wiewardertatort) kommentiert. Merkwürdigerweise gab es dennoch viele, die ihn gut oder sogar witzig fanden. Ich hab nicht ein einziges Mal gelacht, für eine Satire war das viel zu harmlos. (Da find ich ja „Hannes und der Bürgermeister“ noch lustiger“……Haha!). Sehr schade…….

  4. Liebe Elisabeth, ich danke dir dass du dir so viel Zeit genommen hast unsere Stuttgart Ehre zu verteidigen. Bis jetzt immer noch nicht geschafft den Tatort anzuschauen – der Gruselfaktor steigt. Ich wünsche mir für die Zukunft dass man nicht in so eine dämliche Falle tappt als Produzent und Regisseur.

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