Das Leben wird wieder turbulenter

Die Sofahockerei der letzten Monate hat ein Ende, und auch das Wetter scheint keine Lust mehr auf Lockdown zu haben…

Am Montagabend ging in Stuttgart die Welt unter, und ich bekam nichts davon mit. Eines der schlimmsten Unwetter in der jüngeren Geschichte brach über die Stadt herein, und wer es mitbekommen hat, berichtet, dass man sich bei einem Hurricane in Florida wähnte, angesichts der Sturmböen und Wassermassen. Ich saß im Auge des Sturms, ohne es zu wissen, im Schauspielhaus in Stuttgart, der erste Theaterbesuch seit über einem Jahr, Don Juan von Molière wurde gegeben. Während es nebendran das Dach der Oper abdeckte, saßen wir in fröhlicher Ignoranz in der Vorstellung. Das Schauspielhaus wurde vor ein paar Jahren renoviert. Es ist so gut schallisoliert, dass nichts, aber auch gar nichts von Donner und Sturm hereindrang, und als sich plötzlich der Vorhang schloss und eine Frau vor die Bühne trat, hielten dies alle für einen Teil der Inszenierung, denn nur wenige Minuten vorher hatte es eine fingierte Pause gegeben, bei der die Schauspieler/innen am Bühnenrand fröhlich mit den Beinen baumelnd in die Sitzreihen grinsten.

Tatsächlich war es so, dass Wasser ins Theater eingedrungen war, und außerdem wurde die Hauptfigur, also der Frauenverführer Don Juan, von einer riesigen Marionette dargestellt. Die beiden Puppenspielerinnen saßen in gefährlicher Höhe über der Bühne auf einer Art Hebebühne und mussten sicherheitshalber heruntergeholt werden. Nach gut vierzig Minuten wurde die Vorstellung fortgesetzt – das nennt man Einsatz! Das Stück wurde zuende gespielt und dann machten sich die Zuschauer/innen auf den Heimweg – der Schlossgarten bot ein Bild der Verwüstung. Überall lagen vom Sturm abgerissene Äste und halbe Bäume, zerbrochene Lampen und abgerissene Mülleimer. Im Zickzack liefen wir zum Hauptbahnhof, überall standen Wasserlachen und blockierten den Weg. Nur wenige Stunden später am Dienstag nachmittag brach das zweite Unwetter über uns herein, nicht ganz so schlimm, aber wieder mit gewaltigen Wassermassen. Stuttgart hat ein Problem, und das heißt Kessel, und der Klimawandel verheißt nichts Gutes. Stuttgart gilt als eine der vom Klimawandel am stärksten betroffene Stadt in ganz Deutschland! Temperaturen von beinahe 40 Grad in den letzten Hitzesommern sprechen eine deutliche Sprache. Doch fröhlich werden Frischluftschneisen zugebaut, weil man ja so dringend unbezahlbaren Wohnraum für Besserverdienende braucht… über 300 alte Platanen wurden für S21 im Schlossgarten abgeholzt, und der neue Bahnhof hat aus einem grünen Park eine Monsterbaustelle gemacht, wo nichts abfließen kann. Nicht alles, aber vieles ist hausgemacht, und unser nicht mehr ganz neuer OB findet Bauen eine prima Sache… aber man kann nicht beides haben, Klimaschutz und Bebauung und Verdichtung.

Auch zwei Tage später ist die Verwüstung noch überall deutlich zu sehen, im Schlossgarten sind Bäume umgestürzt, die ganze Innenstadt ist voller herumliegender Äste und Zweige, überall Absperrungen und Aufräumarbeiten und man kann sich nur im Zickzack durch die Stadt bewegen. Das wird noch dauern!

Die gute Nachricht: Nicht nur „Don Juan“ hat die Kultur in die Stadt zurückgebracht. Schachbrettmuster heißt das Geheimnis, und so dürfen die Staatstheater Stuttgart endlich wieder spielen, immer ein Platz frei, ein Platz belegt, von Salzburg abgeguckt. Links und rechts keine Aerosole. Doch das Publikum gibt sich noch verhalten – nicht einmal der Ballettabend New Works war ausverkauft, weshalb man allen Ballettfans nur raten kann, sich um Karten zu bemühen! Die Menschen scheinen sich erst langsam zurück ins Kulturleben zu tasten. Dabei verdient es der kurzweilige Abend mit Choreographien von Spuck, Goecke, Clug und Forsythe wirklich, dass jeder freie Platz besetzt ist. Ich bin nun wahrlich kein ausgewiesener Goecke-Fan, doch in diesem Fall war es der Goecke Pas-de-deux Nachtmerrie mit Musik von Keith Jarrett und Lady Gaga, der mir am besten gefallen hat. Dazu ein Wiedersehen mit dem Stuttgarter Ballett, das trotz Lockdown in Höchstform war. Wenn jetzt auch noch die Gastronomie aufmacht, ist die Welt wieder in Ordnung…

Schwer in Ordnung war unser Auftritt „Chaos in Cornwall“ im Rahmen der „Coronaden“ in Untertürkheim. Ein dickes Dankeschön an unsere wunderbaren Gastgeber/innen, allen voran Renate Brosch. Wer’s verpasst hat, es ist nicht zu spät, die Atmosphäre ist einfach unschlagbar! Die Künstler/innen spielen von einem Balkon herunter, das Publikum sitzt im lauschigen Garten bwz Weinberg, idyllischer geht’s wirklich nicht.

Nach dem Programm beim anschließenden Chillen gibt sich Andrea Nicht-Roth einen Stock tiefer als Heurigen-Wirtin im authentischen Dirndl und serviert selbstgebackenen Hefekranz, Untertürkheimer Wein, Moscht und Häppchen. Großartig! Das Programm wird noch bis in den Herbst hinein fortgesetzt, unbedingt hingehen! Für alle Fälle noch einmal das Programm:

Wer jetzt Lust bekommen hat, selber mal wieder vom Sofa herunter zu klettern und sich ins Kulturleben zu stürzen: Es gibt noch einige Gelegenheiten! Am 14. Juli zum Beispiel in Fellbach präsentieren Susanne Schempp & Elisabeth Kabatek bei den Fellbacher Weingärtnern einen hoffentlich lustigen schwäbischen Abend zu Wein & Häppchen. Hier der Kartenlink:

https://www.fellbacher-weine.de/unsere-produkte/kartenvorverkauf/lesungwein-12-maerz-2021/

Und die ALLERLETZTE Gelegenheit, Chaos in Cornwall live zu erleben, gibt es einen Tag später auf der MS Wilhelma in Cannstatt. Das Schiff liegt gemütlich auf dem Fluss und bei hoffentlich bestem Sommerwetter gibt es eine hoffentlich lustige Lesung! Einschiffen ab 18.30 Uhr, alle weiteren Infos hier:

https://www.neckar-kaeptn.de/index.php?id=235#!/e/59a7d4894e85a221722e57de5393e752

Und zum guten Schluss: am Wochenende vom 9.-11. Juli startet Marketing Stuttgart ein großes Stadtführungs-Wochenende und präsentiert 35 Touren als kleine Lustmacher. Die Rundgänge dauern jeweils eine Stunde. Mit dabei auch meine Tour „Auf den Spuren von Pipeline Praetorius“, am Samstag, 10. Juli, 14 Uhr, und am Sonntag, 11. Juli, 14 und 16 Uhr. Alle weiteren Infos auf http://www.stuttgart-tourist.de. Nicht, dass Sie sagen, Sie wären gern gekommen, aber Sie haben es nicht gewusst!!

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