Die Gemeinde Triberg im Schwarzwald ist in die Schlagzeilen geraten. Sie hat zwei Parkplätze als „Männerparkplätze“ ausgewiesen und die Wand dahinter mit dem Bild einer nackten Frau bemalt, die sich auf den Händen abstützt. Ihre nackten Brüste recken sich nach oben, aus ihrem Unterleib wachsen ein paar Schwarzwaldtannen. Steile Berge, feuchte Täler, ist das Bild überschrieben.
Bundesweite Aufmerksamkeit war der kleinen Gemeinde danach gewiss, die Geschichte hat es sogar in die ZEIT geschafft. Die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten in Baden-Württemberg haben gegen das Plakat protestiert. Bürgermeister Gallus Strobel versteht die Aufregung nicht: „Das ist ein Beitrag zum Humor in der Gesellschaft.“ Arg luschdig. Noch lustiger ist, dass die beiden Parkplätze deshalb als „Männerparkplätze“ ausgewiesen wurden, weil man nur sehr schwer und rückwärts reinkommt. Das würde eine Frau natürlich niemals hinkriegen! Mittlerweile hat der Künstler das Bild zur Schwarzwaldlandschaft ausgemalt. Die Silhouette der Frau ist geblieben, ebenso der ekelhafte Text.
Man sollte meinen, die Menschheit entwickelt sich weiter, aber in manchen Dingen scheint das leider überhaupt nicht der Fall zu sein. Während Männerkörper nur dann in der Werbung auftauchen, wenn es um Deos oder Klamotten geht, werden Frauenkörper völlig willkürlich mit den erstaunlichsten Produkten gekoppelt. Mir fällt jedenfalls keine sexistische Männerwerbung ein. Wenn man als Frau Männer, die sexistische Werbung zu verantworten haben, auf selbige anspricht, dann fallen die Reaktionen in der Regel sehr einheitlich aus: Unverständnis, gepaart mit, „die Kuh hat keinen Humor und ist eine olle Emanze“, und deshalb als solche von vorneherein nicht ernst zu nehmen. Als ich noch bei der VHS Ostfildern arbeitete, warb die Bäckerei Unrath in Nellingen in der Faschingszeit für ihre Berliner mit dem Bild einer Frau im Dirndl. Wobei man von dem Dirndl eigentlich nur das Mieder sah, und darin ein Paar stattliche Brüste. Darunter stand zu lesen, „Unsere Berliner sind prall gefüllt.“ Ich rief in der Zentrale der Bäckerei in Esslingen-Berkheim an und man verband mich mit dem Seniorchef Unrath, der kein bisschen verstand, worüber ich mich aufregte: „Onsre Berliner sind gut ganga!“ Das war das Totschlagargument dafür, dass es an der Werbung nichts zu kritteln gab. Außerdem sei das ja die Idee der Werbeagentur gewesen, und nicht seine. Schließlich hat man als Firmenchef keine Verantwortung für das, was die Agentur so tut!
Erst letzte Woche entdeckte ich vor dem Vitalia-Reformhaus in der Klett-Passage das Plakat eines fast nackten Frauenhinterns, bekleidet mit einem nahezu inexistenten Bikini. Ich ging in den Laden, wo der Chef gerade Regale einräumte. Als ich zu ihm sagte, diese Art von Werbung sei eines Reformhauses nicht würdig, quiekte er in heller Panik: „I sag nix!“ Auch eine Reaktion.
Das Foto war übrigens nahezu identisch (nur der Bikini war beim Reformhaus knapper) mit einem Foto des Tourismuskonzerns l’tur, das letztes Jahr großflächig in Stuttgart plakatiert war:
Gegen dieses Foto legte ich beim Deutschen Werberat Beschwerde ein. Das kann übrigens jeder machen, der sich oder andere durch Werbung diskriminiert sieht, „wenn Texte, Bilder und Töne in der Werbung zum Beispiel Menschen herabwürdigen oder diskriminieren, Kinder oder Jugendliche unzulässig bedrängt werden, Gewalt verherrlicht oder verharmlost wird oder religiöse Empfindungen verletzt werden.“
Die Beschwerde erfolgt durch ein Formular auf der Webseite, wird dann geprüft und wenn sie als begründet eingestuft wird, wird das Unternehmen zu einer Stellungnahme aufgefordert. Das führte im Falle von l’tur zu folgender Reaktion:
Der Werbung Treibende hat uns, nachdem wir ihn zur Stellungnahme aufgefordert hatten, inzwischen mitgeteilt, dass die Werbemaßnahme in wenigen Tagen abgehängt und auch künftig nicht mehr geschaltet wird.
Wahrscheinlich hätte l’tur die Werbung sowieso nicht mehr geschaltet. Sei’s drum, zumindest musste sich das Unternehmen mit der Beschwerde auseinandersetzen. Im Falle von Triberg kann der Werberat übrigens nichts ausrichten. Er ist nur für Wirtschaftswerbung zuständig.
P.S. Der Blog macht Sommerpause, bedankt sich für die Aufmerksamkeit und wünscht allen noch schöne Sommertage! Und nicht vergessen, die große Baden-Würrtemberg-Lesetour mit „Zur Sache, Schätzle!“ startet am 21. September! Alle Termine unter http://www.e-kabatek.de